Sonntag, 15. Juli 2012
Guilin
Um es gleich vorwegzunehmen: Heute berichte ich über eine Region, die ich JEDEM absolut empfehlen kann!

Anbei mal eine Karte mit der Reiseroute der 2. Woche.
Freitag abend ging es mit dem Flieger von Hangzhou nach Guilin (ca. 2h Flug). Dort waren wir volle zwei Tage. Montag morgen ging es dann mit dem Flieger von Guilin nach Beijing.


Guilin ist eine einigermaßen große Stadt (knappe 5 Mio. Einwohner laut Wikipedia) in Südchina in der autonomen Provinz Guangxi (einige Provinzen in China, darunter auch Tibet, sind autonom, weil hier besonders viele ethnische Minderheiten leben, die einige besondere Rechte haben).
Meistens reden die Leute/Touristen aber gar nicht unbedingt von der Stadt Guilin, sondern eher von der Region drumherum. Das schließt nördliche Teile mit ein bis zu den 120km entfernten Longsheng-Reisterrassen, aber auch südliche Teile bis hin zum 70km entfernten Yangshuo. Die Stadt Guilin selbst haut nämlich (mal wieder) niemanden so wirklich vom Hocker.
Das besondere an der Region sind die Karstberge. Diese gibt es mitten in der Stadt Guilin und ziehen sich dann kilometerweit nach Süden (zur Entstehung später ein bisschen mehr).

Am Samstag ging es zunächt mit einer organisierten Tour zu den Longsheng-Reisterrassen, auf deutsch die Drachenknochen-Reisterrassen. Long heißt Drache und der Drache ist in China ja ein überaus wichtiges mythisches Wesen, das Stärke verkörpert. Der Kaiser saß z.B. auch auf dem Drachenthron und gemäß chinesischem Tierkreiszeichen befinden wir uns grad im Jahr des Drachen (alle 12 Jahre).
Menschen, die im Jahr des Drachen geboren werden, gelten als besonders gesund, energiegeladen, langlebig, leicht erregbar, ungeduldig und hartnäckig. Auf der anderen Seite sind sie zuverlässig, ehrlich, mutig und strahlen Selbstvertrauen aus.

Die Tour umfasste auch einen Besuch einer Longhair-Show im Longjing-Village. Aber wenn man eine organisierte Tour machen will, kommt man da fast nicht drum herum und ohne organisierte Tour ist es etwas schwierig, zu den Reisterrassen zu kommen. Wir wussten vorher nicht recht, was da gezeigt wird, waren aber allein angesichts des Titels eher skeptisch...

Jedenfalls ging es Samstag morgen erstmal mit nem Kleinbus ab in die Berge (die Reisterrassen befanden sich auf ca. 1800m Höhe).
Auf dem Weg dorthin:



Erster richtiger Stop war dann auch das Longjing-Dorf mit der Longhair-Show. Die Menschen sind halt bekannt dafür, dass die Frauen ewig lange Haare haben (die waren echt lang, ca. bis 1,50m). Und irgendwie haben die dann immer so ne Frisur, dass Männer genau wissen, ob sich das Flirten lohnt. ;-) Je nach Frisur weiß man, ob die Frau a) Single ist b) verheiratet ist und c) verheiratet und Mutter ist.
Der MBA (married but available) lässt sich an der Frisur dagegen nicht ablesen... ;-)

Der Besuch des Dorfes war ganz interessant.


Man beachte bitte die fetten Ohrringe und was die für Riesenlöcher verursachen... Auf dem dritten Bild sieht man sogar, wie die Ringe noch zusätzlich von nem dünnen Faden gehalten werden.






Dann fing die Longhair-Show an.
Es gibt Dinge, die sind so schlecht, dass sie schon wieder gut sind irgendwie. Die Longhair-Show war einfach NUR schlecht!
Ging ca. eine Stunde. Davon 50 Minuten so ne Möchtegern-Kuppelshow mit Männern ausm Publikum und dann haben sie noch 10 Minuten ihre Haare geöffnet, fallen gelassen und gekämmt. Waaahnsinn... Aber wie gesagt: Man kommt fast nicht drumherum. Ich bin zwischendurch echt raus und durchs Dorf gelaufen, das war mir echt zu blöd. Aber die Chinesen fahren voll drauf ab.
Rapunzel, Rapunzel...


Das kleine Mädchen (auch in dem Longhair-Dorf) weiß aber offenbar schon recht genau, was ihm gefällt... ;-)


Von dort ging es dann weiter zum Parkplatz des Reisterrassen. Als unser Reiseführer am Morgen noch davon sprach, dass wir bei den Reisterrassen "hiken" gehen (= anspruchsvolles wandern), hab ich ja noch gedacht, er übertreibt. Aber vom Parkplatz aus musste man noch locker 200 Höhenmeter überwinden, war ganz schön schweißtreibend...
Wie schon in Yuanyang waren die Reisterrassen noch geflutet. Allerdings konnte man hier schon viele Reistriebe sehen.
Der Unterschied zu den Reisterrassen von Yuanyang liegt für mich vor allem darin, dass die Terrassen bei Guilin an wesentlich steileren Berghängen gebaut sind. Das verleiht dem ganzen eine höhere Dramatik. Dafür sieht man aber auch weniger Terrassen auf einmal. Aber trotzdem natürlich wieder sehr beeindruckend!




Zwischendurch an einem kleinen Stand ein paar "Leckereien":


So sieht es dann aus, wenn allmählich der Reis sprießt. Irgendwann ist dann die ganze Terrasse sattgrün (und im Herbst sogar richtig schön knallig gelb, wie wir auf Bildern gesehen haben).


Wir sind bis gaaaanz nach oben auf den Hügel mittig links zwischen den Häusern. Waren dann wohl sogar eher mehr als 200 Höhenmeter...


Und weiter gehts nach oben...









Endlich oben angekommen!



Danach ging es noch zu so ner Teeshow, wo man uns das Teezeremoniell in China zeigen wollte. Das war sogar auch nochmal ganz interessant, auch wenn die uns natürlich nebenan gleich Tee verkaufen wollten.

Alles in allem sind die Reisterrassen echt sehenswert. Wer kann, sollte aber eher direkt dort 1-2 Nächte verbringen. Dann hat man etwas mehr Zeit, kann auch noch andere Terrassensysteme anschauen (wir waren ja nur an einem Berghang, es gibt noch weitere dort) und hat vielleicht die Chance Sonnenaufgänge und -untergänge zu sehen.

Am Sonntag sind Lisa und ich dann mit dem Bus nach Yangshuo gefahren.
Je nach Wetterlage wollten wir dort mit nem Boot auf dem Fluss Li entlang fahren oder uns ein Fahrrad mieten. Wetter war leider relativ mies. Für Guilin waren richtige Gewitterstürme angesagt. Es hat sowohl Samstag als auch Sonntag morgen in Guilin echt geschüttet. Aber wie hatten riesiges Glück. Bei den Reisterrassen war nichts. Und als wir in Yangshuo ankamen, hat es ganz pünktlich aufgehört zu regnen und am Nachmittag kam dann auch die Sonne raus.

Yangshuo liegt am Fluss Li und inmitten von Karstbergen. Von dort aus kann man viele Ausflüge in die Umgebung machen, sei es mit dem Boot oder mit dem Fahrrad.

In dieser Region hat sich aus Sedimenten am Meeresboden Kalk entwickelt. In Südchina ist diese Kalkschicht besonders dick und gleichzeitig sehr porös. Durch das feuchtwarme Klima, insbes. durch reichliche Niederschläge und die Erosion durch Flüsse, erodiert die Kalksteinschicht und das Wasser gräbt sich immer tiefer. Teilweise entstehen dann auch unterirdische Höhlen und irgendwann brechen dann ganze Bergflanken ab. Dadurch gibt es in Guilin richtige Karsttürme.

Da das Wetter also wieder gut war, haben wir uns ein Fahrrad gemietet. Ursprünglich wollten wir möglichst einige Kilometer am Fluss entlang fahren und dann durch das Landesinnere zurück. Wir haben aber schlicht keinen Weg gefunden, der längere Zeit am Fluss entlangführt. Nach einer kleinen Irrfahrt sind wir dann daher einfach einer asphaltierten Straße gefolgt, die nach kurzer Zeit entlang am Fluss ins Landesinnere abbog, wo dann massenhaft Reisfelder zu sehen waren inklusive Bauern und Reisbüffeln. Wirklich klasse! Die Fahrradtour war für mich bisher eines der absoluten Highlights in China.
Man sieht sich irgendwann zwar ein bisschen satt an den Bergen. Aber dann braucht man nur mal 5 Minuten weiter fahren und dann sieht alles wieder ein bisschen anders und aufs Neue unheimlich beeindruckend aus.

Direkt nach der Ankunft in Yangshuo das erste Bild. Man beachte vor allem den Kegel, von dem nur die Spitze aus den Regenwolken herausragt. Und die ganze Stadt ist wirklich durchzogen von all diesen Karstgipfeln (bzw. sie hat sich um die Gipfel herum entwickelt).



Am Fluss Li (der Fluss Li mit den Karstbergen ist übrigens auf dem 20-Yuan-Schein abgebildet, die Stelle kann man allerdings nur per Boot besuchen).



Im Nachhinein fanden wir es auch gut, dass wir keine Bootstour auf dem Fluss gemacht haben (auch wenn diese sehr schön sein soll). Wesentlich teurer (wir haben weniger als 4€ für den ganzen Tag für je ein wirklich gutes Fahrrad bezahlt) und auf dem Fluss waren so unfassbar viele Schiffe unterwegs...







Den Baum fanden wir irgendwie total irre...


Abkühlung an einem kleinen Wasserfall am Straßenrand...


Danach hat die Straße einen Knick gemacht und ist weg vom Fluss richtig Landesinnere.












Tja, was der da versprüht hat, wissen wir leider nicht. Vermutlich irgendwas zur Schädlingsbekämpfung?


Das erste Mal, dass ich in China sehe, dass ein Bauer auch eine Art Pflug verwendet... In der Landwirtschaft wird echt noch seeehr viel Handarbeit betrieben. Aber grad bei den Reisfeldern ist auch die Frage, ob man da große Maschinen wirklich einsetzen kann, da die ja meistens geflutet sind.


Von hier ging es dann mit dem Fahrrad wieder zurück nach Yangshuo und mit dem Bus nach Guilin.
Hier übrigens mal was zu den hervorragenden Englischkünsten der Chinesen (und sowas kommt leider oft vor, auch auf wirklich offiziellen Dokumenten, Schildern, etc.).
Hier müsste eigentlich "Exit" stehen...


Also, insgesamt kann man in und um Guilin sicherlich locker 4-5 Tage und mehr verbringen. Allein 2 Tage für die Reisterrassen und in Yangshuo sind auch problemlos 2-3 Tage schnell verbracht... Die 2 Tage, die wir hatten, waren also eher zu kurz. Dafür aber auch superschön, intensiv und sehr beeindruckend!

Nächstes Wochenende dann der Beitrag zu Beijing.

Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten. Werde Donnerstag bis Samstag nochmal nach Shanghai fahren. Donnerstag ist ein Workshop im China-Headquarter von Bosch, Freitag ist die ProPak (eine Fachmesse für Verpackungsmaschinen im Nahrungsmittelbereich) und dann hänge ich Samstag noch zum Shoppen dran.

Viele Grüße!

... comment